Früher in der Schule war es ja ganz selbstverständlich, dass, wenn man z.B. in „der Siebten“ war, die Leute aus „der Zwölften“ viel mehr wussten als man selbst. Logisch.
Nun, erst unlängst ist mir klar geworden, dass das auch im späteren Leben so weiter geht. Da ich nie sitzengeblieben bin, befinde ich mich inzwischen in der Vierundreißigsten und weiß daher eine ganze Menge mehr als z.B. die Leute aus der Achtundzwanzigsten. (Ich bin also, Sie werden mir dieses harmlose Wortspiel verzeihen, schon ziemlich oft versetzt worden im Leben…)
Ich möchte das keinesfalls als arrogant missverstanden wissen – es liegt vielmehr, wie früher in der Schule, in der Natur der Sache.
Und weil nun mal, wie mir statistische Erhebungen und feuchte Phantasien nahelegen, mein Blog hauptsächlich von den knackigen Mädels aus der Fünfzehnten bis Fünfundzwanzigsten gelesen wird, erzähle ich Ihnen heute einfach mal in einer wahllosen Assoziationskette ein paar Sachen aus meinem schier unendlichen, anerlebten Wissensschatz.
Heute ist nämlich der erste Mai.
Und das ist einer der ganz wenigen Feiertage hierzulande, der nicht primär einen christlichen Hintergrund hat.
Da ich auf Grund meiner kulturkritischen Berufung dem Arbeitskampf seit jeher näher stand als der Kirche, ist das sozusagen mein Lieblingsfeiertag.
Dass der Maifeiertag, den es zugegebenermaßen auch schon vorher gab, zum weltweiten proletarischen Prozessions- und Festtag mutierte, geht auf zwei historische Streiks zur Einführung des Achtstundentags zurück – insbesondere einer viertägigen Demonstration im Jahre 1886 in, man höre und staune, den Vereinigten Staaten, die auch als Haymarket Riot in die Geschichtsbücher eingegangen ist. 1889 erklärte dann die Zweite Internationale, den ersten Mai offiziell zum „Kampftag der Arbeiterbewegung“.
Die Technogeneration, die es traditionell nicht so mit der Politik hat, aber sehr gerne feiert, nutzte den zwischenzeitlich auch zur Tradition gewordenen „Tanz in den Mai“ zur Veranstaltung einer alljährlichen Massenrave in der Dortmunder Westfalenhalle, besser bekannt als „Mayday“. Es darf vermutet werden, dass sich so mancher Raver dabei tatsächlich in einer wohltuenden Art von „Seenot“ befand…
Falls Sie heute betrunkene Männerhorden mit Bollerwagen durch die Lande ziehen sehen, liegt das nicht daran, dass die Leute was verwechselt haben, sondern daran, dass dieses Jahr am ersten Mai AUCH Christi Himmelfahrt, also das volkstümlich gerne zum „Vatertag“ umfunktionierte kirchliche Fest, steigt.
Wir armen arbeitenden Massen werden also an unserem eigentlichen Festtag gleich um einen weiteren freien Tag betrogen. Ironic, innit?
Christi Himmelfahrt wiederum ist das christliche Fest der „Auffahrt“, was aber nix mit Autobahnen zu tun hat, sondern mal wieder nur mit dem üblichen religiösen Mumpitz.
Wenn Sie noch mehr wissen wollen, befragen Sie halt wie immer die gute alte Wikipedia – insbesondere könnten Sie unter dem Stichwort „Blutmai“ ein wenig ihr Wissen über die Weimarer Republik auffrischen.
Besonders nützlich ist es als Vierunddreißigstklässler übrigens, dass man allerlei popkulturelle Zitate besser versteht, als so mancher aus der Dreiundzwanzigsten.
Dass zum Beispiel die heiligen Tocotronic in Aber hier leben, Nein Danke spielerisch mit einem alten Schlager von Rolf Zuckowski hantieren, welcher wiederum auch nur eine Coverversion eines Songs von Volker Lechtenbrink war.
Lechtenbrink?
Lechtenbrink.
Ach ja, wir Alten.
Ich war sogar in meiner Kindheit noch live dabei als das Wort „Tussi“ entstand. Das ist nämlich eine Abwandlung des altertümlichen Frauennamens Tusnelda, und in den Kreisen meines älteren Bruders war es damals zunächst noch durchaus gebräuchlich, etwaige Damen als wahlweise Olga bzw. Tusnelda zu bezeichnen, bevor sich die kürzere Version des letzteren endgültig durchsetzte.
So, nun aber genug geschlaumeiert für heute.
Hab‘ ich Sie gelangweilt?
Dann beruhigen Sie sich wie folgt:
„Wissen ist Macht!
Ich weiß nix.
Macht nix!“
(alter Spontispruch)
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