Weiter geht’s mit der zweiten von drei Listen mit toller Musik aus den Zehner-Jahren. Wie im vorangegangenen Beitrag habe ich zu einigen Songs etwas kommentiert und/oder ein paar schöne Textfetzen zitiert. Wir befinden uns vornehmlich in der Mitte der ablaufenden Dekade.


Jamie T. – Zombie

Ein Popsong, so eingängig, dass es fast schon bissi nervt.
Aber mit einem schönen, beatleesken Mittelteil, der das ganze auf angenehme Art ausbalanciert.
„You’re not the only one around here
that needs a bit of fresh air.“


Half Moon Run – I Can’t Figure Out What’s Going On

„I heard it pays in spades
to be on your back again,
to poison all your friends.“


Tommy Genesis – Shepherd

Zur Abwechslung mal was aus dem Hiphop/Urban-Genre.
Sehr deep, sehr dark, sehr geiler Sound.


James – Curse Curse

Am besten funktioniert der Song, wenn man das Video dazu sieht. Und obwohl James in den 30 Jahren ihres Bestehens nicht immer nur Handelsklasse A abgeliefert haben: einem Menschen, der sie nicht mag, sollte man grundsätzlich mit einer Portion Skepsis gegenübertreten. Die Person hat mit hoher Wahrscheinlichkeit irgendwas in Bezug auf das Leben falsch verstanden.
„Pour me more tequila!
Raise the flames to fever!
Some spirit draws me out.
Praise the Lord and kiss me on my mouth!“


Everything Everything – No Reptiles

Distant Past war in den Jahrescharts 2015, aber No Reptiles ist der eigentliche Hammersong auf dem Album Get To Heaven.
Nicht zuletzt wegen des vielleicht besten Songtexts der 10er Jahre.
„And no reptiles, just soft boiled eggs in shirts and ties,
waiting for the flashing green man.
Quivering and wobbling just like all the eggs you know.
I’m going to kill a stranger.
So don’t you be a stranger.
Oh baby, it’s alright, it’s alright to feel like a fat child in a pushchair,
old enough to run
old enough to fire a gun.“


Kula Shaker – Infinite Sun

Na ja. Kula Shaker halt. Vor 25 Jahren hatten sie deutlich mehr Drive.
Aber irgendwie doch immer noch drollig. Besonders gefällt mir die komplett sinnfreie, weil tautologische, aber hoch-philosophisch daherkommende Mantra-Zeile
„She changes everything she touches,
and everything she touches changes.“
Hegel- oder Derrida-Jünger sind vermutlich gleichermaßen hingerissen wie perplex. Und planen ein Proseminar zum Thema…


Gaz Coombes – The Girl Who Fell To Earth

Ex-Supergrass Sänger Gaz Coombes hat in 2015 ein stellenweise wunderschönes Album veröffentlicht namens Matador, dass ich leider zur Zeit der Jahreschartserstellung noch nicht kannte. Deshalb fehlte es seinerzeit, hätte aber einen Ehrenplatz verdient gehabt.


Alt-J – 3WW

Ist das der beste Song der vergangenen 10 Jahre? Jedenfalls von denen, die eindeutig nach 10er-Jahre klingen, wovon es ja in dieser Liste gar nicht so viele gibt.
Lernte ich ebenfalls zu spät kennen für die Jahrescharts (2017). Der Song war aber so gut, dass selbst der Lomepal-Remix es ein Jahr später noch in die Charts geschafft hat.
„Oh, these three worn words!
Oh, let me whisper. Like the rubbing hands
of tourists in Verona.
I just want to love you in my own language.“


Vampire Weekend – Obvious Bicycle

Die haben über die Jahre für mich etwas ihren Reiz verloren. Da es aber seinerzeit auch meiner Meinung nach der heiße Scheiß war, sei hier noch mal an sie erinnert.
„Oh, you oughta spare your face the razor,
because no one’s gonna spare their time for you.“


Herrenmagazin – Gärten

Schlimmer Bandname. Und meistens auch ziemlich halbgare Musik.
Auch Gärten sagt mir heute nicht mehr so viel. Hab‘ ich aber 2015 als es rauskam sehr gerne gehört.


Fronteers – Idol

Vollgas aufs Nostalgiepedal! Als Britpopfan fängt man bei sowas spätestens nach 20 Sekunden an zu sabbern – alle anderen fragen sich vermutlich bloß, warum 20-jährige in 2016 Musik machen, die hauptsächlich ihre Väter gut finden werden. Vielleicht sind das Lee Mavers‘ Söhne?


DIIV – Under The Sun

Nach dieser Überdosis Dur, dachte ich, ein bißchen Düster-Wave könnte guttun. DIIV klingen natürlich auch immer in erster Linie sehr nostalgisch – bloß halt für eine ganz andere britische Musiktradition. Ich mag anglophile amerikanische Bands, davon gibt es leider viel zu wenige.


Bloc Party – Truth

Als ich in der Einleitung (vorletzter Beitrag) schrub, dass sie auch ganz konventionelle Popsongs können, meinte ich sowas wie Truth.
Einfach, simpel, zeitlos schön.


The Lumineers – Gun Song

Just another one to prove their fetching beauty.
Amis und Waffen – ein Thema für sich.
„I don’t own a single gun.
But if I did, you’d be the one
to hold it, aim it, make all of the bad men run.
But I don’t own a single gun“


Bilderbuch – Baba

Bei manchen Songs auf Magic Life, die ja fast ausnahmslos ums Ausgehen kreisen, glaube ich die Figuren zu kennen, die er beschreibt. Was für die Qualität der Texte spricht. Und für die Tatsache, dass die Protagonisten der allsamstäglichen Discotheken-Seifenoper in Wien auch nicht anders sind, als die in Frankfurt. Und in überall.
Großes Kino.


Bad Sounds – I Feel

2017 war ihr Song Avalanche in den Jahrescharts. I Feel ist nicht ganz so super, aber immer noch schweinegut. Äußerst schade, dass man seitdem nichts mehr von ihnen gehört hat.
„I can get higher, get higher, get higher than you.“


The Kooks – Keep Your Head Up

Reichlich Give-Peace-A-Chance-Vibes im Raum, als die Kooks diese Nummer aufnahmen. Nur dass Hippies von heute nicht mehr die Welt retten möchten, sondern ihr eigenes oder irgendjemandens „Self-Esteem“.
Findet man wichtiger im 21. Jahrhundert.
Der Killersong auf dem 2014er Album Listen war das grandiose Backstabber.


Gravenhurst – The Citizen

Gespenstisch traurig, in Anbetracht der Tatsache, dass Nick Talbot ziemlich zeitgleich mit der Veröffentlichung dieses Songs gestorben ist. Mit 37. Bis heute steht übrigens nirgendwo, warum und woran. Also vermutlich irgendwas mit Drogen. Rock’n Roll.
(Aber er sah ja nie wirklich nach Drogen oder Rock’n’Roll aus – eher wie der einzige BWLer in der ganzen Bristol-Szene. Es bleibt ein Rätsel.)
Übrigens: nicht verwechseln mit Ex-Style Council Mick Talbot! Der ist schon 62 und lebt noch.

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