Ich bin kein Maler. Sondern Schreiber.
Und als solcher wurde mir unlängst vorgeworfen, ich würde ja immer nur lustig und ironisch und irgendwie drüber- und abseitsstehend schreiben, und man wisse ja gar nicht, was mich so wirklich bewegt.
Nun, das ist einerseits ein grobes Mißverständnis, mit dem wahrscheinlich viele Künstler zu leben haben. Denn natürlich ist alles, was ich schreibe, genau das, was mich wirklich bewegt. Und in diesem Sinne auch jede Pointe im besten Fall eben genau die Pointe, die nun mal gerade gemacht werden musste. Um die Welt zu retten.

Wenn das aber andererseits heißen soll, dass jeder von uns doch nur ein stinknormales, sterbliches Wesen mit durchschaubarem, letztlich profanem Begehren sei, so werde ich mich dieser Ansicht selbstredend auch nicht widersetzen.
Schließlich wissen Sie doch alle, dass Ihr Lieblingsblogautor halbheimlich auch ein großer Fan des deutschen „Liedermachers“ Heinz Rudolf Kunze ist.
Und dem wird ja eigentlich eher übertriebene Ernsthaftigkeit als oberflächliches Lustigmachen vorgeworfen.

Also poste ich hier heute, nach erfolgreich überstandener Lesung und DJ-Set in Brüssel, vulgo Dingen, deren angebliche Coolheit sich eher auf der urbanen Metaebene verstehen lässt, mal einen erstaunlich simplen, wenngleich überaus tollen Text des erwähnten Herrn Kunze, der sich ganz schlicht um das Machbare und scheinbar Menschliche, und daher gern falsch so bezeichnete „Eigentliche“ dreht.
Denn wissen Sie: der oft vorschnell als „Intellektueller“ verschmähte Kunze (als ob das eine Schmähung sein könnte) ist im Grunde doch hauptsächlich ein Poptalent.
Mit anderen Worten: Für alle, denen danach dürstet, male ich heute was ernsthaftes, nämlich ein Textgemälde eines verehrten Kollegen.
Weil es irgendwie gerade in meine Stimmung und zu meinen in den letzten zwei Tagen gesammelten Eindrücken und Begegnungen passt.
Nicht zuletzt, weil es eben fast immer passt – das meinte ich oben mit dem Wort Poptalent.
Der Text ist aus seiner besten Platte Halt, und es ist der Titelsong:

Was für eine wilde Zeit.
Alles ist im Fluss.
Müde wird wer immer aufwärts schwimmen muss.
Was er mit sich reißt,
wird verloren sein.
Und wen er verschont, bleibt abseits wie ein Stein.

Gib mir Hoffnung und gib mir Halt!
Gib dem alten Traum Gestalt!
Jede Jahreszeit ist kalt
ohne Dich, komm gib mir Halt!

Farbenblinder Wahn,
Fäuste statt Verstand.
Die ergreifen keine ausgestreckte Hand.
Kettenreaktion,
frei zu sein ist schwer.
Gute Worte gibts so viel wie Sand am Meer

Hab ich Schilder übersehn,
die direkt am Abgrund stehn?
Dieser Stummfilm aus Gewalt,
schau gut hin und sage Halt!

Leute gibts, die flirten mit dem Untergang.
Was ist so verkehrt an heiler Welt?
(…)

Jeder ist gefragt,
und die Zeit wird knapp.
Sie vergeht nicht nur, SIE LÄUFT WIE RASEND AB.
Wer nur Härte vorspielt,
der zerbricht allein.
Ich will kein altes und kein junges Eisen sein.

Nirgendwo geschrieben steht,
wie das große Ganze geht.
Fang mit den Versprechen an,
die man selber halten kann.

Fang mit den Versprechen an,
die man selber halten kann.

Gib mir Halt!
Sag einfach Halt!

Gib mir Halt!
Sag einfach Halt!

Admin