Etwa alle drei Wochen wird man als einheimischer Mainmetropolist von fremden, gern mandeläugigen, jungen Menschen wie folgt angesprochen:
– Excuse me, do you speak English?
– Yes, of course.
lautet die freundliche, hilfsbereite Antwort, weiß man doch aus Erfahrung, dass es sich um orientierungslos Gestrandete im Dschungel des heimatfernen Molochs handelt. Wahlweise Touristen oder Messegäste.
– We are lost,
gestand der junge Chinese gestern unverblümt, und seine Freundin ergänzte, immerhin einen Stadtplan in Händen haltend:
– Do you know Dome? Big Church?
– That’s like asking a Londoner, if he’s ever heard of Tower Bridge.,
antwortet man nicht, sondern z. B. erneut:
– Yes, of course.
Gerät darauf aber alsbald ins Stocken, denn die Domsuchenden befinden sich in diesem Moment etwa vier Kilometer von der Sehenswürdigkeit ihrer Wahl entfernt.
– Well, it’s quite a bit of a walk from here.
Verständnislose Gesichter, hilflos nickend.
– Just don’t worry. There’s a tube station about two hundred meters from here. This way down the road.,
versucht man es, nunmehr langsam in heftiges Gestikulieren übergehend.
– I mean, how the heck did you end up here, with that bleedin‘ map in your hand? You probably read it upside down, didn’t ya?,
fragt man sich zwar im Stillen, sagt aber erneut etwas anderes:
– Just go down into that station and take the tube. It stops at the dome, so you’ll be there in no time.
Immer verständnisloseres Schweigen auf Seiten der Frankfurt-Besucher.
– It’s public transport, you know. The Un-Der-Ground!
Fragezeichen allüberall.
– A-train-un-der-the-street. A-ma-gic-trick!
In die rätselnde Mimik der Fragenden mischt sich Verzweiflung.
– Just why do you blokes keep asking me if I speak English, if you don’t speak a word of it, yourselves?
You know, they’ve got a delicious doggy-burger bar right beside your BIG CHURCH, fellas, why don’t you just go there and stink to high heaven?
usw.
Irgendwann läuft/fahrradfährt man einfach weiter und übergibt die Hilflosen ihrem traurigen Schicksal. Ich meine, was soll man denn machen?
Ja, ich spreche Englisch, aber ihr, liebe Touristen eben zumeist leider nicht. Also fragt doch nicht so scheinheilig bzw. lest Euren verdammten Stadtplan. Frankfurt ist ein Dorf, und wer sich hier nicht alleine zurecht findet, dem helfen vermutlich auch keine wort- und gestenreichen Beschreibungen auf Esperanto oder der Gebärdensprache.
Denn Orientierungslosigkeit ist nicht heilbar! (Vielleicht sollte man diese These noch Mal mit Touristen aus dem Orient überprüfen…)

Nun, natürlich denke ich in Wirklichkeit gar nicht so böse – das mache ich hier nur zu Ihrer Unterhaltung, werte Leser – ich versuche ja wirklich zu helfen, aber meist eben erfolglos.

Dass die sprachliche Ignoranz sich nicht nur auf Fremdlinge beschränkt, sondern andersrum genauso prima dysfunktioniert, durfte ich heute Abend schmunzelnd im Supermarkt bezeugen.
Tengelmann-Angestellte A (aus Frankfurt und nie woanders gewesen) zu ihrer Kollegin B türkischer Abstammung (vermutlich auch noch nie woanders gewesen, aber eben türkischer Abstammung):
– Na dann gehn sie hald an die Kass, Frau, äh wie schbrischd mer des jezd nochema aus?
– Sagen Sie einfach Ayshe.
– Oh Godd, obb isch mer des merge kann?
Klar, schwer abzuspeichern, dieser silbenreiche, phonetisch durch und durch artfremde Vorname. Aber man hilft ja gern. Ich also, zu Tengelmann-Angestellter A:
– Ayshe. Wie doidsche Eische. Ganz einfach.
Aber selbst diese kleine Spitze auf ihre Beschränktheit, wusste die arme Frau natürlich nicht zu verarbeiten und blickte mich bloß tumb-verwirrt an.
Tja, Ratlosigkeit wohin man schaut. Ich aber zog diesmal vergnügt von dannen, ob meines netten Bonmots und all seiner dabei an den Tag gelegten Spontaneität wenigstens von mir selbst becirct.
Ayshe, wie doidsche Eische! A nice one, innit?

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