Um einen hier unlängst ausgelegten inhaltlichen Faden mal etwas fortzuspinnen, versuche ich heute, Ihnen ein bißchen was zum Thema Manchester-Rave bzw. Madchester-Rave zu erzählen.
Während Großbritannien sich auf dem Peak der Acid-Hysterie befand, machten sich auch unzählige Gitarrenbands Gedanken, wie man denn vielleicht dem klassischen Band-Line-Up ein paar tanzbare Klänge entlocken könnte, bzw. vermutlich treffender formuliert: ob man auch als Rockband Musik zu machen im Stande ist, zu der sich diese lustigen Drogen einnehmen lassen.
Das Resultat war Manchester-Rave, eine je nach Bandbesetzung und Groove-Vermögen der beteiligten Musiker variierende Art tanzbarer Indie-Musik, mal stärker elektronisch angehaucht, mal eher klassisch gitarrig dargeboten.
The Stone Roses, The Farm, The Charlatans, James, Inspiral Carpets u.a. werden gerne genannt, auch New Order und Primal Scream könnte man dazuzählen. EMF sind damit sogar Teenie-Stars geworden, und manche bis dato völlig gewöhnliche Schraddel-Kapelle wie z.B. die Soup Dragons versuchten auf den Zug aufzuspringen, indem sie ihren Sound entsprechend ummodelten.
Auch die erste Blur-CD Leisure muss man in diesem Kontext verstehen.
Natürlich kamen längst nicht alle erwähnten Combos auch wirklich auch Manchester.
Aus humoristischer Sicht den Vogel abgeschossen hatten allerdings schon damals die Happy Mondays: Shaun Ryder und sein Hacienda-Pillenkumpel Bez konnten beide weder singen noch ein Instrument spielen.
Und meistens auch schon tagsüber nicht besonders gut geradeauslaufen.
Weil Shaun irgendwie das noch größere Maul hatte, wurde er der Sänger der Band, während Bez sich als „Tänzer“ einbrachte.
Die einzig wirklich grandiose Nummer, die sie jemals zu Stande brachten (die aber auch tatsächlich bis heute ein Tanzflächen-Füll-Garantie-Zertifikat inne hat), war Step on mit der legendären Textverhörer-Zeile:
„You’re twistin‘ my MÖLLEMAN, yeah, you talk so hip, man, you’re twistin‘ my MÖLLEMAN.
Das Video dürfte die Band auf dem Höhepunkt ihrer sportlichen Leistungsfähigkeit zeigen…
Einige weitere Singles wie z.B. Hallelujah oder Stinkin‘ Thinkin‘ waren schlicht Grütze, aber im sensationslüsternen England ist die Band natürlich trotzdem bzw. gerade wegen ihrer Exzesse mit illicit substances berühmt geworden.
Shaun Ryder blieb nach dem Ende der Madchester-Ära bis heute „gerngesehener“ Gast in englischen Talk-Shows und Musiksendungen, wo er zumeist, als inzwischen hefeartig aufgequollenes Opfer seines ungesunden Lebensstils, zur Erheiterung des Publikums wirres Zeug vor sich hin nuschelte und einem starken Hang zu four-letter-words nachzugehen pflegte.
Schon das erste Fernsehinterview mit Shaun und Bez setzte diesbezüglich Standards (Untertitel gibt es leider nur für das asiatische Publikum – das britische und der Rest der Welt bleiben ratlos, haben aber auch mit Sicherheit nichts verpasst…).
Schauen Sie meinetwegen auch noch hier.
Dass die Band sich 2007 zur Reunion aufraffte, darf man also aus musikalischer Sicht getrost ignorieren. Immerhin präsentiert sich Mister Ryder seitdem abgemagert, halbwegs aufgeräumt und mit neuem Strahlegebiss.
Und ist sogar fast in der Lage, normale Interviews zu geben.
Äh, dass wir sie trotzdem lieben, die Happy Mondays – Ehrensache.
Und dass nach dem Ende der Madchester-Sause, und der Übernahme der Regentschaft durch „Britpop“ und die Gallagher-Brüder, in puncto Drogenkonsum und Interview-Gesabber nichts besser wurde – eine andere Geschichte…
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