Musikmachen, das kann ich Ihnen als langjähriger Musiker und Songschreiber garantieren, ist hauptsächlich Glücksache.
Natürlich nicht nur – es ist auch viel Handwerk und Esprit und ein Händchen für Coolness, aber, ich wiederhole es, hauptsächlich Glücksache.
Warum?
Weil Popmusik in allererster Linie über Sound funktioniert.
Und Sound ist etwas ungemein Delikates, nahezu Unergründbares.
Und etwas, was man als Musiker nie wirklich kontrollieren kann.
Live sowieso nicht – da ist man den räumlichen Gegebenheiten und natürlich dem Menschen am Mischpult voll und ganz ausgeliefert.
Aber auch im Studio weiß man eigentlich nie genau, wie es später mal klingen wird. Zumal die einzige wirklich vertrauenswürdige Referenz, die eigene häusliche Stereoanlage wäre. Und die individuelle Art und Weise, auf die man Musik zu konsumieren pflegt, ob nun im Wohnzimmer, im Auto oder auf dem Ipod. Alle Menschen, die an der Produktion eines Albums beteiligt sind, haben ihre eigenen, verschiedenen, persönlichen Art und Weisen, Musik zu konsumieren und ihre womöglich völlig unterschiedlichen Geschmäcker, welcher Sound denn nun eigentlich der Richtige ist. Anders gesagt: das zutiefst subjektive und lebenswichtige Ergebnis/Erlebnis musikalischen Schaffens ist zu allem Überfluss auch noch ein Kompromiss! Wie soll soll das jemals steuerbar sein?
Und Sound ist ein schreckliches Sensibelchen: feinste Nuancen können unüberbrückbare Gräben aufwerfen.
Zwischen Kitsch und großem Theater.
Zwischen peinlichem Metal und sattem Rock.
Zwischen Langeweile und genialem Understatement.
Zwischen Plagiat und göttlich-inspiriert.
Zwischen quäkendem Lo-Fi und herrlichem Retro-Sound.
Usw.
Wie ich letztes Jahr im Zuge der Beady-Eye-Rezension schon ein Mal versucht habe zu erklären:
Es darf 100% WIE die 60s klingen,
aber es darf niemals wie IN den 60s klingen.
Eine Quadratur des Kreises.
Sie ahnen es nun auch: es ist viel Glücksache.

Langer Vorrede kurzer Sinn:
Die neue Scheibe von The Vaccines, namens Come Of Age, ist toll!
Und obwohl sie gar nicht so großartig anders erscheint wie deren zuhochgelobtes Debüt, ist sie doch um Längen besser.
Weil der Sound stimmt.
Songwriting und Attitüde haben sich nicht merklich geändert, aber es ist diese rätselhafte, kaum greifbare Verfeinerung im Sound, die das neue Album zu einer echten Perle macht.
Und ich kann mich jetzt nicht auf die oft gehörten und naheliegenden Strokes-Vergleiche stützen, denn ich war ja nie ein ausgewiesener Strokes-Fan.
Fragen Sie mich also bitte nicht nach nachvollziehbareren Erklärungen. Setzen Sie meinen Kopfhörer auf, lassen Sie sich in meinem Zimmer an meiner Anlage nieder und nur dann werden Sie es u.U. verstehen.

Beste Platte des Jahres, so far?
Vielleicht.
Aber vielleicht auch nicht. Denn man sollte der Wahrheit halber erwähnen, dass es nur die ersten sieben Stücke sind, die becircen.
Der Rest ist medioker.
Das ist zwar praktisch, weil so einfach zu handhaben (Album einfach nur bis zum siebten Song hören), aber auch nicht wirklich hinreichend für die Kategorie Meisterwerk.
Egal. Bis zu den Jahrescharts ist ja noch ein paar Monate hin.
Genießen Sie bis dahin die im Blog bereits verlinkte Single No Hope und hören Sie auf jeden Fall mal hier rein.
Viel mehr habe ich bislang in der gebührenfreien Zone noch nicht gefunden, aber besser ist eh, Sie kaufen sich einfach das Album.

Admin