Kurt Koelsch interviewt Tom Robinson für das Fachblatt im Februar 1985:

FB: Welchen Eindruck hat die DDR bei Dir hinterlassen?

T.R.: Es tut mir Leid, aber ich fand’s toll dort.

FB: Das braucht Dir nicht Leid zu tun, aber könntest Du erklären, warum?

T.R.: Man braucht zwei Wochen, um sich an das Grau in Grau, die Farblosigkeit, die Wartburgs und all das zu gewöhnen, aber dann akzeptiert man es und erlebt Deutschland, wie es ohne den Einfluss der Amerikaner gewesen ist. Ein Deutschland, so nehme ich an, aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Drüben restauriert man sehr liebevoll die Häuser, anstatt alles gleich abzureißen und neu zu bauen. Vor allem nah der polnischen Grenze, wo nicht alles niedergebombt war, lernt man das andere Deutschland kennen. Dort benutzt man noch keinen Kaffeeweißer, denn das ist eine amerikanische Erfindung. Außerdem – und das fand ich sehr angenehm – haben die Russen dort ein sehr niedriges Profil. Sie halten sich, zumindest in der Öffentlichkeit, sehr zurück. (…)

FB: Konntest Du Dich frei bewegen?

T.R.: Aber sicher. Ich habe ein Visa für die ganze DDR, nicht nur die Transitstraßen. Manchmal bin ich von Ostberlin nach Hamburg gefahren, habe Einkäufe gemacht und bin abends wieder zurück. Ich konnte mich freier bewegen als jeder Westdeutsche.

Konnte sich freier bewegen als jeder Westdeutsche, der gute Tom! Das ist natürlich prima – schade bloß, dass das kein Ostdeutscher zu dieser Zeit von sich behauptet hätte…
Um „Einkäufe“ zu machen, bevorzugte Mister Robinson interessanterweise trotzdem die Wahlheimat Hamburch, anstatt eines der glamourösen Shoppingparadiese „nahe der polnischen Grenze“ zu besuchen.
Und während sich die Tommies in Hamburg wenigstens am Wochenende ordentlich mit deutschem Bier vollaufen lassen durften, mussten ihre armen russischen Kollegen natürlich ein „sehr niedriges Profil“ bewahren. Tja, wohl dem, der „ein Visa“ für ein Land ohne Kaffeeweißer sein eigen nennen kann.
Aber, Hohn bei Seite. Tom Robinson war nämlich im Grunde einer von den Guten – für einen Musiker durchaus intelligent (wenngleich seine Musik einem heute wie von „vor dem zweiten Weltkrieg“ vorkommt) und für einen Engländer nahezu ein Fremdsprachengenie. Und dass die jahrzehntelang uns täglich berieselnde Anti-Zonen-Propaganda seinerzeit naturgemäß gerade bei den eher aufgeweckten Geistern so manch krasse Fehldiagnose bezüglich des sog. „real existierenden Sozialismus“ verursachte – Schwamm drüber.

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