In 2016 sind inzwischen auch schon wieder gefühlte 2000 neue Alben erschienen. Einige davon fallen in den Zuständigkeitsbereich von Lenins Notizen und von wiederum einigen davon möchte ich heute berichten.
Und zwar absteigend nach „Gutheit“ sortiert.

Bloc Party, eine der meistbesprochenen Bands in diesem Blog, haben sich im Grunde aufgelöst. Genauer gesagt haben Kele Okereke und Russell Lissack sich einen neuen Bassisten und eine neue Schlagzeugerin geholt und machen unter dem alten Namen weiter. Aber eine richtige Band ist das noch nicht geworden. Auf dem aktuellen Album HYMNS riecht man förmlich den Angstschweiß der beiden neuen im Lineup, nun da sie mit den großen Stars erstmals im Studio ranmussten. Viel zu ängstlich und zurückgezogen spielt die Rhythmusgruppe, um nur ja keine Fehler zu machen. Und das ist bei einer Kapelle, die seit jeher auch von einer gewissen Bissigkeit und Aggressivität im Sound lebte, natürlich alles andere als förderlich. So klingt vieles auf HYMNS ein bißchen bieder und halbgar, und, Sie ahnen es vermutlich schon, Hymnen sucht man darauf vergeblich.
Merke: das musikalische Gegenteil von „lebt“ ist „klebt“.
Anyway, The Love Within ist trotzdem überaus hörenswert und Different Drugs, bezeichnenderweise der einzige Track, auf dem sich Louise Bartle an den Drums mal ein bißchen was traut, ist tatsächlich hervorragend. Zwei absolute Top-Songs auf einem Album ist ein recht schmaler Ertrag für eine Band, die man zu seinen Lieblingsbands zählt, aber es ist natürlich immer noch sehr viel mehr, als die meisten anderen zustande bringen.

Nick Beggs, einst treibende Kraft der Teeanage-Posterboys Kajagoogoo, anschließend recht bald ins Prog-Rock-Lager übergewechselt (neben Bass spielt er auch das Nerd-Instrument par excellence, den Chapman-Stick), hat eine neue Band namens The Mute Gods gegründet. Am Schlagzeug sitzt mit Marco Minnemann ein Deutscher – einer von diesen Typen, die Schlagzeug-Lehrbücher schreiben. Klingt erstmal wenig vielversprechend, ist aber in Form des Albums Do Nothing Till You Hear From Me dann doch stellenweise gar nicht uninteressant. Erwartungsgemäß wird hier und da zu viel gefrickelt und rumgeartrockt, aber das Album hat durchaus gute Momente. Mir gefällt der sehr altmodische Rocksound und die Tatsache, dass der vielleicht beste Song der einzige ist, der auf jeglichen Prog-Rock-Firlefanz verzichtet, und beinahe kathartisch simpel daherkommt: Nichtschool For Idiots.

Yuck kommen aus London, machen optisch einen auf Post-Glam-Weirdos, und haben insbesondere ihre Pavement-Platten intensiv und oft gehört. Das Album heißt ziemlich doof Stranger Things und die herausragenden Songs haben ähnlich abgedroschene Titel: Hold Me Closer und Hearts In Motion.

Cait Brennan lebt hauptsächlich vom sie umrankenden Transgender-Diskurs, der ein wenig nervt, insbesondere wenn man hört, dass ihre Musik in guten Momenten völlig szene- und zeitlos beatleesk und schön daherkommt. Und kein einziger Song ist in Cis-Dur…
Key Track: Goodmorning And Goodnight (leider kein gescheites Video gefunden)

Ty Segall ist der nette kalifornische Garagen-Lennon von nebenan. Einer von diesen Typen, die viel zu schnell und viel zu oft Sachen veröffentlichen, so dass der Output meist eine geringe Halbwertszeit hat und ein wenig zu hin- und damit auch weggeworfen klingt. Da wäre weniger mehr, denn Talent hat er ja, wie man auf Californian Hills vom aktuellen Album Emotional Mugger nachhören kann.

Zuletzt: Kula Shaker. Ein Album, auf das ich mich sehr gefreut habe, und das mich leider auf ganzer Linie enttäuscht hat.
Kula Shaker haben eine merkwürdige Bandgeschichte hingelegt. Mitte der 90er zu Britpop-Heyday-Zeiten mit Hey(-day) Dude einen der besten Britpop-Songs überhaupt gemacht, dazu mit K ein stellenweise überaus passables Album abgeliefert (think: Tattva u.ä.), live eine grandiose Rock’n’Roll-Show zelebriert, wurden sie innerhalb weniger Monate zu großen Stars. Dann sagte Crispian Mills in einem Interview irgendwas unüberlegtes zum Thema Swastika (Sie wissen schon: Indien, die Veden, Magie und der ganze Esoterik-Quatsch, mit dem Kula Shaker sich allzu affirmativ inszenierten), woraufhin die Band genauso schnell wieder in der Versenkung verschwand, weil plötzlich als uncool und hochpeinlich geltend. Sie brauchten ca. 15 Jahre, um sich davon zu erholen. Inzwischen darf man wieder öffentlich bekunden, dass sie damals eigentlich total knorke waren, und sie machen auch wieder Alben.
Doch leider ist das neue, unpassenderweise auch noch K 2.0 getauft, ein kapitaler Schuss in den Ofen. Durchweg hookfrei, uninspiriert und ohne erkennbares Konzept. Waren sie früher ein musikgewordenes Chicken Tikka Masala, sind sie anno 2016 nurmehr mikrowellen-aufgewärmte Baked Beans.

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