Auch dieses Jahr galt es nach Weihnachten wieder, eine Reihe von Best-of-Listen von Freunden durchzuhören, u.a. erstmals auch eine der Blognachbarin – Hurra!
Und natürlich auch die ganzen Jahrescharts der einschlägigen Presse wegzuschmökern, das alles miteinander zu vergeichen und letztendlich dann auch erst mal sacken zu lassen. Puh.
Aber es hat sich gelohnt, denn es gab noch eine ganze Menge für mich zu entdecken.

Allen voran Sam Fender, ein 23-jähriger aus der Nähe von Newcastle, der mit seinem Debütalbum Hypersonic Missiles mal eben im Alleingang die britische Popmusik rettet. Er kann komponieren, er kann texten und er kann zu allem Überfluss auch noch richtig gut singen. Leider klingt er dabei mitunter so sehr wie Brandon Flowers, dass die Plattenfirma oder das Produzententeam oder vielleicht auch er selbst der Versuchung nicht widerstehen konnten, diesen vermeintlichen Trumpf hier und da im sich aufdrängenden Soundgewand auszuspielen. Die betroffenen Songs sind die schwächsten auf dem Album. Überall dort jedoch, wo er nicht wie eine lahme Killers-Kopie daherkommt, ist das Album schlicht großartig. Er kann es mit sparsamer Instrumentierung, wie bei Two People und dem formidablen Leave Fast, genauso wie mit klassischer 90s-Britpop-wall-of-sound (That Sound). Auf Albumlänge waren letztes Jahr vielleicht nur Half Moon Run besser.

Ebenfalls ein Glanzstück, und ein völlig überraschendes obendrein, haben The Specials in 2019 mit dem Album Encore hingelegt.
Fast 40 Jahre nach Evergreens wie A Message To You Rudy und Ghost Town haben sie’s einfach mal wieder probiert, und normalerweise, wenn Helden von einst sowas nicht lassen können, endet es schauderhaft medioker, wenn nicht hochnotpeinlich.
Nicht so bei den Specials – neben Hot Chocolate vielleicht die einzige Band, in der ein 50/50-Mix aus schwarzen und weißen Musikern über einen langen Zeitraum sowohl menschlich als auch künstlerisch funktioniert hat. Und obgleich ihnen über die Jahrzehnte die farbigen Mitstreiter nach und nach abhanden gekommen (teilweise weggestorben) sind, stellen sie die Blackness auf dem aktuellen Album sowohl textlich als auch musikalisch erst recht ins Schaufenster. Und das ist gut so. Denn neben erwartbarem, aber deshalb nicht schlechtem, traditionellem Specials-Sound (siehe Vote For Me, Blam Blam Fever), finden wir hier auch richtig geile funky-vibes, so im Opener Black Skin Blue Eyed Boys oder im nicht weniger groovenden B.L.M, in dem uns Lynval Golding noch mal erzählt, wie das so war in den 60ern als dunkelhäutiger Jamaikaner ins Vereinigten Königreich zu kommen.
Für 10 Commandments konnten sie sogar Soffiyah Khan ins Studio überreden – eine generationenübergreifende Kollaboration, die zwar künstlerisch jetzt nicht so übermäßig gezündet hat, aber zumindest aus PR-Sicht alles andere als ein unsmarter Move war.
Und das alles auch noch handwerklich verdammt überzeugend dargeboten.
Hut ab, so geht Comeback!

Auf so ziemlich jeder Liste stand Aldous Harding mit ihrem Album Designer. Das ist zwar nicht 100%ig meine Teetasse, aber man kann ihr schon zugestehen, dass sie aus der unüberschaubar gewordenen Masse an Singer-Songwriter-Chanteusen hearussticht. Wie genau sich diese Eigenständigkeit manifestiert, ist schwer zu greifen. Ihre Texte sind oft ein wenig rätselhaft, als Person präsentiert sie sich irgendwo auf halber Strecke zwischen schrullig und bezaubernd, und obwohl sie keineswegs das musikalische Rad neu erfindet, hat man doch zumindest immer das gute Gefühl, dass hier jemand Songs schreibt, nicht um berühmt zu werden, sondern um die Welt ein bißchen schöner zu machen.
Meistens wird The Barrel als der Vorzeigesong genannt; mein persönlicher Favorit ist der Titelsong, zu dem ich aber leider kein Video gefunden habe.

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