Es gibt mal wieder den Verlust eines liebgewonnenen Alltagsgegenstands zu beklagen:
Die Filtertüte 02 ist ausgestorben. Jedenfalls lässt sie sich in allen mir zur Verfügung stehenden Supermärkten, nämlich Penny, Plus, Aldi und HL bzw. neudeutsch Rewe (und Raider heißt jetzt Twix), nicht mehr käuflich erwerben. Offenbar bin ich einer der letzten Menschen, die eine Kaffeemaschine mit dieser Filtergröße ihr eigen nennen.
Zubereitungslogistisch ist das nicht wirklich ein schwerwiedendes Problem – man knickt einfach die 04er Filter auf die richtige Größe zurecht.
Aber emotional bleibt ein gewisser Verlust zu beklagen.
Ähnlich äußerte sich zu diesem Thema auch die Filtertüten-Imperiumsgründerin und grand-old-dame der deutschen Kaffeehauskultur Melitta Etheridge:
„Wissen Sie, was das Kaffeekochen anbetrifft, habe ich die ein- oder andere Revolution miterleben dürfen. Einschneidend war natürlich seinerzeit die Erfindung des warmen Wassers durch T.C. Boil. Das gab dem Koffeingenuss erst seine ganz eigene Note. Im Krieg kochten wir dann mit Bohnenwachs – es gab ja nix anderes mehr. Und seit der Erfindung der Konsensmilch herrscht endlich gesellschaftliche Einigkeit – schließlich ist Kaffee heute die Bürodroge Nummer eins. In den ökozentrierten 80ern ersetzten wir die bis dahin üblichen Plastikfiltertüten durch Papiertüten. Dass nun das bipolare Brühen durch die multivariante Vierertechnologie abgelöst wurde, ist ein Tribut an die Globalisierung. Aber unsere Stärke war seit jeher unsere Flexibilität. Getreu meinem alten Motto: Wer zuerst mahlt, trinkt zuerst.“
In Wirklichkeit erfand man in den 80ern ja den sogenannten Goldfilter – damals als eine Art Quantensprung in der Heißgetränkeforschung gepriesen, in Wirklichkeit bloß Tchiebung. Mit einem Goldfilter (siehe auch: ADO mit der Goldkante) brauchte man gar keine Filtertüten mehr. Leider schmeckte das Gebräu aber scheiße und war voller Kaffeepulverkrümel, so dass man reuevoll zur old-school-Technik der Papiertüten zurückkehrte.
Kaffee ist übrigens, laut Trivial Pursuit, das meistgetrunkene Getränk in Deutschland.
Es werden also, wenn das stimmt, landesweit pro Bürger mehr Liter Kaffee verkonsumiert als etwa Bier oder Mineralwasser. Erstaunlich.
Ich persönlich trinke mehr Apfelwein als Kaffee.
Und Tee kommt mir nicht ins Haus!
Privit Gospodin Uljanow,
ein ganz witziger Blog, auf den ich dank des absolutionsfähigen Hörens von
Radio X gestossen bin.
Die Beherrschung der deutschen (und auch der englischen) Sprache hebt das
Ganze doch wohltuend von ähnlichen Ergüssen ab.
Zur weiterhin irritationsfreien Zubereitung von Filterkaffee rate ich einen
Besuch im dm- Drogeriemarkt an, wo mir heute dank der Sensibilisierung
durch den entsprechenden Beitrag Filtertüten der Grösse 02 unter die Augen gekommen sind.
hallo Sasha,
danke für den Tipp. Kommentieren hat sich in diesem meinem Blog ja noch nicht wirklich kultiviert, aber bleiben Sie ruhig trotzdem dran. Wenn meine Strato-Statisktiken nicht lügen, dann gibt es schon so an die ca. 250 regelmäßigen Leser – Sie befinden sich also in guter Gesellschaft.
Und danke selbstredend auch für Ihr Lob. Ich geb“ mir ja schließlich auch a bisserl Mühe…