Das oft geäußerte Vorurteil, die Wissenschaften, und insbesondere die Geisteswissenschaften, seien eine humorbefreite Zone, ist natürlich nur teilrichtig. Wie in allen anderen gesellschaftlichen Bereichen, bricht sich auch im potenziell eher trockenen Kosmos der Philosophie der Hang des Menschen zu dummen Sprüchen unaufhaltsam seine Bahn.
Empedokles war so etwas wie der Uri Geller des griechischen Altertums – neben allerlei Nachdenkerei über Gott und die Welt behauptete er auch, Wunder vollbringen zu können, und verlangte von seinen Anhängern, als Gottheit verehrt zu werden.
Da diese seinem Wunsch nur äußerst widerwillig nachkamen, trat er zum tatkräftigen Beweis seiner Göttlichkeit an und stürzte sich in den Ätna.
Leider fehlten ihm zu diesem letzten Trick dann doch die notwendigen Wundermittel und Zauberkräfte, und folgerichtig kam er dabei schlicht ums Leben.
Das alles ist zwar höchstwahrscheinlich nur ein gern weitererzählter Mythos, doch hindert das Philosophieprofessoren bis heute nicht daran, ihre Eleven just an dieser Stelle der kulturhistorischen Rückschau folgenden konzisen Vierzeiler zu lehren:
Der Feuerkopf Empedokles,
berühmt durch Wundertaten,
sprang in des Ätna Schlund hinab
und wurde cross gebraten.
Soviel zum Humorverständnis der Metadenker.
Da kann dann auch Bertrand Russell, selbst einer der größten Vertreter der Zunft, in seiner berühmt gewordenen Abhandlung über die Philosophie des Abendlandes nicht anders als noch eine kleine Polemik hintanzuhängen:
„Auch Matthew Arnold schrieb ein Gedicht über dieses Thema [Empedokles], doch enthält es nicht die obigen Zeilen, obwohl es eines seiner schlechtesten Gedichte ist.“
Jawohl, bzw. genau so macht populärwissenschaftliche Geschichtsschreibung Spaß, und nicht zuletzt auf Grund der Tatsache, dass viele seiner Werke eben auch unterhaltsam waren, wurde der gute Herr Russell ja als einer der ganz wenigen Geisteswissenschaftler mit dem Literaturnobelpreis geadelt.
Was ich eigentlich sagen wollte?
Es leben blöde Sprüche!
Mir gefällt der Vierzeiler jedenfalls. Solcherlei Oberstudienrätehumor hat immer etwas angenehm verstaubtes und Heinz-Ehrhardt-haftes an sich.
Ich bekam ihn zuerst bereits von meinem Deutschlehrer in der Oberstufe serviert, später im Philosophiestudium natürlich auch noch mal, und jetzt neulich stolperte ich bei der Russell-Lektüre erneut darüber. Wobei der Wortlaut immer ein wenig variiert – die Vokabel „cross“ dürfte sich erst in den vergangenen Jahrzehnten in den Reim gemogelt haben.
Und nun sind Sie dran, verehrte Leserschaft. Denn mit Sicherheit kennen Sie aus anderen Wissenschaften ähnliche Sprüche, die hier für die Nachwelt hinterlassen werden sollten.
Bilde mir zum Beispiel ein, dass die Mathematiker irgendsoeinen Schenkelklopfer über Adam Riese im Repertoire haben, komme aber im Moment partout nicht drauf.
Bitte helfen Sie aus!
Zu guter Letzt könnte man noch mutmaßen, wie das Sprüchlein denn wohl bei Herrn Russell im englischen Original lautet (besitze leider nur eine mittelmäßige deutsche Übersetzung des Schinkens). Ich vermute mal, dass die Pointe boasted auf roasted reimt, andere Vorschläge werden gerne entgegen genommen.
Ihr Metawitzbold Lenin
(erwartet selbstverständlich von seinen Anhängern, also Ihnen, als Gottheit verehrt zu werden – zum Beweis springe ich demnächst irgendwo [r]ein, z.B. als Aushilfskellner)
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