Dem Thema Kanarische Inseln habe ich mich ja schon in meinem Buch ausführlich gewidmet. Und auch hier im Blog wurden bereits einige schöne Eindrücke von der Leichtigkeit des Seins auf Deutschlands flächenmäßig größtem zusammenhängenden Altersheim präsentiert.
Zwei der interessantesten Rätsel wurden jedoch bislang nur am Rande gestreift, und sollen deshalb heute noch ein Mal in den Mittelpunkt unserer ethnologischen Betrachtungen gestellt werden:
a) Der Guanche und sein Grundbesitz (el hombre y la finca)
b) Der Guanche und das Zeiteisen (el hombre y el negro)
Ein anthropologischer Allgemeinplatz ist das Urstreben nach Heimaterde.
Menschen wollen ein Stück eigenes Land besitzen.
Während man jedoch hierzulande für gewöhnlich danach trachtet, den erworbenen Flecken alsbald mit einem schmucken Gebäude aufzurüsten, dass uns verletzliche, kälteempfindliche Zweibeiner vor den Fährnissen der rauhen Natur zu behüten im Stande ist, benötigt der Guanche Land in erster Linie, um seiner hauptsächlichen Leidenschaft, dem Sammeln und Deponieren von leeren Plastikflaschen und Kanistern, fröhnen zu können.
Ein typischer Guanchenhaushalt besteht aus einer Frau, sieben Ziegen, zwölf Hunden und ca. 200 leeren Kunststoffbehältnissen (el muelle).
Letztere werden scheinbar kontingent über die verfügbare Fläche verteilt und erzeugen so mitunter wohltuende blaue und rote Farbtupfer im ansonsten staubbraunen Ambiente.
Wo all die Abertausende ausgedienter Hostalenfutterale ursprünglich mal herkommen, ob es dafür einen speziellen Großhandel oder gar eine Internettauschbörse für Eingeweihte gibt (www.canistro-vacuo.es), bleibt ein ähnlich großes Mysterium wie die uralte Frage, wo deutsche Bauern die geschätzten zweihundert Millionen Autoreifen herbekommen, mit denen in unseren Breiten Viehweiden, Felder und Höfe flächendeckend übersät sind.
Gern integriert der Guanche auch einen gemütlichen kleinen Swimmingpool in seine Gartenlandschaft
Doch das Rätsel der Güterallokation á la Canaria geht noch weiter: Der zweithäufigste Gegenstand nach den leeren Plastikkanistern sind große, häßliche Armbanduhren, welche auf jeder Strandmeile von Dutzenden schwarzer Händler mehr nebenbei als aufdringlich dem gemeinen Eurotouristen zum Verkauf angeboten werden.
Angesichts der Heerscharen von afrikanischen Boatpeople, die angeblich jedes Jahr aufs Neue im Zuge todgeweihter Schlauchbootfluchten von Mauretanien auf die Kanarischen Inseln zu gelangen versuchen, ist die Anzahl Schwarzer insbesondere für Mathematiker immer noch erstaunlich niedrig. Aber alle anzutreffenden Afrikaner gehen nur einer einzigen, selben Beschäftigung nach: der als Uhrenneger.
Das ist insbesondere deshalb bizarr, weil ja definitiv noch nie auch nur ein einziger Tourist, einem Uhrenneger eine Uhr abgekauft hat.
Nun klar, der geübte Kanarenurlauber kommt irgendwann dahinter, was Phase ist: der Dunkelhäutige bietet erst lustlos seine Chronometer feil, nachdem man erwartungsgemäß abgewunken hat, fragt er einen, wenn man noch ausreichend jung zu sein scheint: „need something else?“, und dann kann man bei Bedarf Dope bei ihm einkaufen.
Rätselhaft bleibt diese Form des Broterwerbs trotz allem, denn erstens sind die allermeisten eben nicht mehr ausreichend jung, um der potenziellen Zielgruppe anzugehören, und zweitens: wozu dann überhaupt der Mummenschanz mit den Uhren, die keiner kauft?
Überschlagen wir mal grob, dass etwa eine Million solcher Uhren auf den Inseln im Umlauf sind (im wahrsten Sinne des Wortes, denn es sind ja keine Digitaluhren), so ist das doch eine ziemlich hohe Zahl nutzloser Etwasse im Vergleich zu vielleicht ein paar Gramm tatsächlich umgesetztem Wasauchimmer.
HQ der Uhrenneger
Das Geheimnis der Südsee – es existiert also noch immer, wenn auch in teilweiser aberwitziger Gestalt. Aber gut das – wie alles andere ja sowieso, denn trotz allem Geläster sind die Kanaren weiterhin schlichtweg das Paradies auf Erden.
Und eine Woche Gran Canaria Ende Januar ist immer noch mit das Vernünftigste, was sich ein Mensch unserer Provenienz in diesen frostigen Zeiten antun kann.
Zum Schluss noch ein allgemeiner Urlaubstipp:
Wenn sie nach dem Duschen das ja eigentlich überschaubare Apartment eine Viertelstunde lang verzweifelt nach ihrer Jeans durchsuchen, dann könnte es u.U. sein, dass ihre Freundin die aus Versehen angezogen hat…
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