Wenn man gerade, in der seinerzeit noch vorweihnachtlichen Stadt, beim Bäcker ein Rosinenbrötchen bestellt hat und zur Antwort bekommt:
„Mit Rosinen oder ohne?“,
dann mag man wahlweise schmunzelnd oder kopfschüttelnd von dannen ziehen, und ein wenig an der angeblichen Ratio des Menschengeschlechts zweifeln.
Wenn man aber kurze Zeit später, während man sich, was so schon bedenklich genug ist, in einem Ein-Euro-Shop aufhält, folgendes Gespräch zwischen Kundin und Angestellter an der Kasse mitanhören muss:
– Sagen Sie, haben Sie auch Geschenkgutscheine?
– Ja, selbstverständlich. Wieviel soll’s denn sein?
– Ach machense ma so zwanzig Euro.
Dann, spätestens dann, sollte man sich nicht nur die oberflächlich einleuchtende Fragwürdigkeit des weihnachlichen Geschenkewahns mal wieder vor Augen führen. Nein, man sollte darüberhinaus, durchaus etwas ernsthafter und grübelnder als noch zuvor beim Bäcker, einmal fragen, ob nicht doch fast alle, die hier diesen Planeten bevölkern, so dermaßen einen Sprung in der Schüssel haben, dass nicht zweifeln sondern vielmehr verzweifeln das einzige ist, was einem noch übrigbleibt.
Und es mag einem noch ein Stück verständlicher erscheinen, warum einen der Song Kapitulation von Tocotronic seit Wochen so in seinen Bann zieht.
„Ich bin zwei Öltanks“, hieß einer der Werbesprüche meiner Kindheit. Flau, verglichen mit diesem Gutschein.
„Ich bin zwanzig Geschenke“, verkündet dieser stolz. Und was für welche!

Nun, wer mich kennt, wird erraten haben, dass ich diesen Plot nicht selbst erlebt habe. Denn ich verabscheue Rosinen. Er wurde mir netterweise von einer Informantin zugespielt. Aber wir Künstler brauchen unsere Informanten; ohne sie wären wir gleichsam aufgeschmissen, denn wir selbst erleben ja nichts mehr, da wir Tag und Nacht vor dem Computer hocken.
Für Sie selbstverständlich. Nur für Sie, liebe Leserinnen und Leser.

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