Es gibt Dinge, die sind eigentlich zu banal und alltäglich, und vor allem schon seit so vielen Generationen beklagenswert, dass man besser kein Wort darüber verliert.
Weil man sonst schnell den „Abgefrühstückt-Stempel“ des hochkritischen Publikums auf die Stirn gedrückt bekommt, fortan als uncool und zurückgeblieben eingestuft wird, und womöglich bald noch in einem Uncoolen- und Zurückgebliebenenmedium wie dem Fernsehen Karriere macht. Gott bewahre!
Ein Beispiel wäre die Tatsache, dass immer noch und in ungebrochener Zahl, Schnarchnasen wie selbtsverständlich und ungerührt auf Rolltreppen links stehen und Maulaffen feilhalten, mit der besten Freundin über Talk-Shows plaudern oder im Anzug und mit Rollkoffer Business-Dummgespräche am Mobiltelefon führen, während ich derentwegen meine Bahn verpasse.
Rechts stehen, links gehen ist eine dermaßen einfache Regel, und ihre Befolgung wäre ohne jeden zusätzlichen körperlichen wie geistigen Aufwand zu bewältigen, und doch ist sie offenbar für Großteile der Menschheit noch zu schwierig. Und das, seit ich denken kann.
Aber, wie gesagt, über so etwas spricht man nicht.
Andererseits, wenn man schon einen Blog hat, und ergo eine gewisse Narrenfreiheit, warum sich nicht auch manchmal dem tristen Alltag nähern, und ein bißchen über die allgegenwärtige Ignoranz der Erdenmitbewohner lästern?
Vielleicht kann mir ja jemand mal folgendes omnipräsentes Phänomen erklären:
Wenn man in der Supermarktschlange steht, rückt einem der Hintermann/die Hinterfrau üblicherweise so nahe auf die Pelle, als wolle er/sie umgehend Huckepack genommen werden, oder wahlweise mein Portemonnaie/Handy aus meinem Rucksack fischen – allerdings offenbar mit dem Mund.
Kaum hat man seine drei Billiglebensmittel auf das Förderband gelegt, drängen sie sich links an einem vorbei, schieben meine Sachen nach vorne zusammen, um auch ihre eigenen drei Käses und Joghurts noch auf das bereits gut gefüllte Band zu stapeln.
Ich meine: Hallooo! Es geht, und das sollte doch eigentlich auch dem dümmsten aller Zeitgenossen bewusst sein, nicht eine einzige Sekunde schneller, wenn man seine Sachen früher auf das Band legt.
Offenbar denken die Idioten aber genau das.
Körperliche Nähe zur Kasse (daher die Quasi-Begattung a tergo) und erst recht das Ablegen der Ware auf dem Band verheißen scheinbar baldigste Erlösung von der als solche empfundenen Schmach des Schlangestehens, und dieser kleine Psycho-Kick lässt die Leute ihre vermutlich ohnehin nur wenig ausgeprägten guten Sitten gleichsam in einem Handstreich vergessen.
Beklagenswert, das. Eine kleine esoterische Nachhilfestunde in Sachen Chakra und Aura wäre u.U. angebracht. Aber selbst das ist doch eigentlich unnötig, denn Normalmensch fühlt sich doch auch selbst nicht wohl, wenn er anderen so sehr auf die womöglich gar nicht mal so wohlriechende Pelle…
Oder?
Sachdienliche Hinweise bitte als Kommentar posten. Danke.
Lustig ist ja, dass es genau diese Leute sind, die eben noch quatschend und starrsinnig das Haltbarkeitsdatum überprüfend Gang1, mit ihrem Einkaufswagen, gefüllt mit jammerndem Kleinkind, Gang2 und dem Gehhinnermich Gang3 versperrten. Erstaunlich, dass man trotzdem vor ihnen an der Kasse ist, obwohl man eben noch der gebrechlichen Rentnerin den Käse aus dem oberen Regal reichte und die Deckel sämtlicher Tiefkühltruhen vollständig schloss.
Das sind dann meistens auch die Leute, die, falls sie mal vor einem in der Schlange stehen, unbedingt passend bezahlen wollen. Der Schlangenmoment und die damit verbundene Etikette, schnell und unkompliziert zu handeln, wird in dem Moment abgeschüttelt, wenn ihr letztes Produkt eingescanned wurde. Plötzlich haben sie Zeit: ein Pläuschchen mit der Kassiererin („Das ist aber auch ein wetter heute! Herrjemine…“), passend bezahlen („Irgendwo unten in der Tasche habe ich noch ein 2ct-Stück, da bin ich mir ganz sicher! Moment…“) oder ihnen fällt auf, dass sie noch eine Kleinigkeit vergessen haben („Ach ja. Bananen! Moment, ich hol die noch eben schnell. Geht ja ganz fix…“).
Den Gipfel bildet meistens, dass solche Leute bei all ihren Supermarkt-Kompetenzen absolut unfähig dazu sind, ihr Gemüse zu etikettieren (bei einigen Supermärkten muss man das ja noch selber machen). Das frisst einfach nur Zeit und Nerven, wenn man es selber eilig hat, aber irgend so ein Döspaddel nochmal schnell in die Gemüseabteilung rennen muss. Gepaart mit o.a. Phänomenen kosten solche Idioten einen gerne mal bis zu 10 Minuten Deines kostbaren Lebens. Schlimm!
Aber davon sollte man ja auch eigentlich nicht reden 😉
Zu den Dränglern hinter einem, die man am liebsten den Warentrenner a tergo spüren lassen würde, kommen aber auch noch die Neurotiker, die vor einem dran sind, ihre Waren schon ins Auffangbecken hinter der Kasse geschoben bekommen haben, dort bereits beim Einpacken sind, die dann aber zum Bezahlen wieder die körperliche Nähe zur Kasse suchen, zurück hinter die elektronische Sicherung drängen, dorthin wo man inzwischen selbst steht, so dass man dann mit ihnen und dem Drängler hinter einem ein Sandwich zu bilden genötigt wird… Hach, wie grässlich. Grässlich auch, dass Du mir ein Blogthema, dass mir schon so lange auf der Seele liegt und das schon in Bearbeitung war, geklaut hast! Du Vordrängler.
Ja, ich Vordrängler ich. Siehe dazu auch Tossis Kommentar im Gästebuch zur letzten BABOUM-Folge. Raketenmann? Ach, wir Intellektuellen…