Juchhee, es gibt einen neuen, schnuckeligen Buchladen in Frankfurt-Bockenheim. Er nennt sich „Bücher vor Ort“ und nähere Informationen finden Sie auf dieser Webseite.
Demnächst darf ich dort wohl eine Lesung machen, und alle diesbezüglichen Details werden Sie dann natürlich auch hier im Blog vorfinden.
Zum Reinschnuppern in die Athmospäre weilte ich gestern Abend bereits dort auf einer anderen Lesung. Zwei Frankfurter Autoren lasen aus ihren jeweils im lokalen Milieu spielenden Krimis. Die von Frank Demant tragen spaßige Namen wie „Tod im Ebbelweiexpress“, „Geiseldrama in Dribbdebach“ oder „Opium bei Frau Rauscher“.
Das Highlight des Abends war allerdings ein zur musikalischen Pausenuntermalung geladener Sänger und Gitarrist. Es handelte sich um die klassische Inkarnation eines Rock-Coverband-Musikers mit mindestens zwanzig Jahren Tingeltangel auf dem Buckel. Solche Menschen heißen grundsätzlich Andy, tragen Vollbart und Hut, und singen im schönsten Frankfurter Straßenköterenglisch Klassiker aus den Sechzigern und Siebzigern. Und nur wer schon einmal ein lupenreines Frankfurter „th“ (mit sehr „weischem s“) gehört hat, vermag sich eine Vorstellung zu machen, was mit diesem Straßenköterenglisch gemeint ist.
Andy spielte sehr schön Gitarre und konnte auch gut singen. Und der arme Kerl konnte nun wirklich nichts dafür, dass mit Herrn Lenin und der ihn begleitenden Freundin R. ausgerechnet die zwei schlimmsten Englisch-Nazis der Stadt im Publikum weilten. Die sich auf Andys Kosten dann auch sogleich herzhaft, wenngleich verstohlen, wegpissten über die wunderschönen Texte, die ihnen kredenzt wurden.
Und da ich auch einige Jahre des Musizierens in einer Coverband verbringen durfte, deren Sänger ebenfalls Texte eher „so nach dem Gefühl“ rauszuhören pflegte, beschlich mich sogar bisweilen ein wenig Nostalgie.
Offenbar notieren sich Rock-Coverband-Sänger die Lyrics in einer Art inneren Lautschrift, so dass diese beim Vortrag dem Original mitunter durchaus nicht unähnlich sind.
Mit anderen Worten, es handelt sich um Fremdsprachen-Stotterer: sie können keine einzige Songzeile sagen, aber beinahe jedes Lied singen.
Was sich dann in etwa so anhört:
„Badd mei Triems sey ohles emmdi“ oder
„Eihed Aua sohnli lohnli“
(jeweils aus Behind Blue Eyes) oder
„Lametta Tschinza Bowling-Queen in Mömbris“
(erste Zeile aus „Schiehse ho ohoho hong gitong wimmen“).
Und weil der gute Andy seinen Vortrag noch dazu mit herrlichen Sprüchen aus dem Giftschrank eines Vorstadtconferenciers würzte („isch hoff, euer ernsde Gesischder, des is ned Langeweile sondern Konsendradsiohn“), war das Ganze ein formidables Plaisir.
Und, meine Damen und Herren, bitte: auch wenn Ihnen die Schilderung ein wenig arrogant erscheinen mag, so ist es nicht gemeint. Denn abgesehen davon, dass wir amüsiert waren, und damit schon mal der Zweck von Entertainment per se erfüllt wurde, verlieh das Beschriebene der Performance einen durchaus angenehmen, natürlichen Charme.
„ßer iis e haus in nju orliins ßey kol ße reißing san“ sang auch schon meine ehemalige Gitarrenlehrerin. Nicht nur deshalb wurde der Unterricht aufgegeben, sondern auch weil die Lehrerin für 1 Jahr nach England ging. Was angemessen war, sollte man meinen, die Aussprache aber leider nicht verbesserte. Der einzige merkliche Unterschied war, dass sie nach dem England-Aufenthalt ein gelegentliches „Fucking Bullshit“ zwischen ihre Sätze streute.