Bill Drummond heißt der Mann, um den es heute geht.
Ein englischer Künstler, welcher sein Unwesen im Bermuda-Dreieck aus dreister Konfrontation, charmantem Dekonstruktivismus und herrlich lächerlicher, großer Gesten zu treiben pflegt. Und das ganze natürlich mit dieser urbritischen, schelmischen Ironie präsentiert.
This is clearly OTT, but it’s there to ridicule all things OTT.
Oder so ähnlich…
Reich wurde er mit dem gleichzeitig unerträglichen wie großartigen Musikduo The KLF Ende der Achtziger, seinerzeit adjutiert von einem gewissen James „Jimmy“ Cauty (später Teil von The Orb).
Eigentlich kam Drummond aus der Indie-Pop-Szene, war u.a. Manager von Echo and the Bunnymen, aber mit The KLF wurde Breitband-Billig-Techno für die Charts produziert. Natürlich und selbstredend just for the fuck of it.
Man sampelte wild und gnadenlos absurdeste Sachen ineinander, und vom ersten Tag an sampelte man auch und hauptsächlich sich selbst.
Darum klingen eigentlich alle KLF-Songs irgendwie gleich, was der Band aber nicht zum Schaden gereichte, sondern eher ihren klassischen Trademark-Sound verlieh.
Zunächst nannten sie sich „The Justified Ancients of Mumu“, inspiriert von der Illuminatus-Trilogie, einem Kult-Verschwörungsroman, und der Bibel aller Diskordier.
Diskordianismus wiederum ist, wie Sie ja vielleicht wissen, und wenn nicht, dann sofort in der Wikipedia in voller Länge nachlesen sollten, „eine Religion getarnt als komplizierter Witz“ resp. „ein komplizierter Witz, getarnt als Religion“, und lehrt uns u.a., dass alles, was im Universum geschieht, mit der Zahl 5 zu tun hat, basiert folglich auch auf den fünf Geboten, von denen etwa das Vierte lautet: „Ein Diskordier soll keine Hot-Dog-Brötchen essen, denn es war der Trost der Göttin, als sie mit der ursprünglichen Zurückweisung konfrontiert war.“
Nun, ganz nach dem Geschmack von Drummond also, der der Einfachheit halber auch die gesamte Schaffenszeit der Justified Ancients und KLFs im großen und ganzen formtreu von nichts anderem singen ließ, als dass man eben justified und auch ancient sei.
Diesen formidablen Käse vokal darzureichen, dafür wurde dann in erneut frappierender Dreistigkeit auch noch die amerikanische Country-Ikone Tammy Wynette rekrutiert, unterlegt mit geschmacklosesten Stadion-Sprechchören, man will ja nicht kleckern, und die arme Tammy dürfte von dem ganzen Zinnober genauso wenig geschnallt haben, wie die zahllosen bepillten Raver, die sich den Mist dann auch noch gekauft haben.
Drummond ward Millionär, und die Intellektuellen liebten ihn trotzdem und tun das bis heute. Nicht zuletzt, weil Drummond und Cauty, wiederum folgerichtig, einige Jahre später als ein weiteres, äh, großes Kunstwerk den Film Watch The K Foundation Burn A Million Quid drehten, in dem sie ostentativ eine Million britische Pfund in 50-Pfund-Noten verbrannten. Was natürlich erneut dermaßen over the top war, dass der voraussehbare Aufschrei in der Regenbogenpresse nicht ausblieb.
Der Mann wusste einfach, wie man berühmt wird.
Unsterblich gemacht hat sich die Band mit ihrem Abgang von der Musikbühne, dem legendären letzten Auftritt bei den Brit-Awards 1992. Ich zitiere noch Mal die Wiki:
„1992 gewannen sie einen Brit Award und absolvierten bei der Preisverleihung ihren letzten gemeinsamen Auftritt, der bis heute Kultstatus genießt: The KLF taten sich zum Auftritt mit der Grindcore-Formation Extreme Noise Terror zusammen, schossen mit Maschinenpistolen und Platzpatronen in die Zuschauermenge und ließen nach einer zweieinhalbminütigen Lärmversion ihres Hits 3 A. M. Eternal und der abschließenden Durchsage „The KLF has now left the music business“ ein völlig verstörtes Publikum zurück. Die Verantwortlichen der BBC hatten gerade noch verhindern können, dass die Band Blut aus Eimern über das Publikum schüttete, dafür hinterließ die Band bei der Aftershow-Party allerdings einen Schafskadaver, der einen Zettel mit der Aufschrift „I died for you. Bon appetit“ trug.“
Dass anschließend auf Betreiben der Band auch jeglicher weitere Vertrieb von KLF-Tonträgern eingestellt wurde, brachte ihm logischerweise weitere Pluspunkte in der Feuilleton-Ecke.
Meine persönliche Lieblings-Drummond-Aktion war folgende: Er erwarb für zwanzigtausend Dollar ein Werk des anerkannten zeitgenössischen Künstlers Richard Long, zerschnitt es in zwanzigtausend Teile, und verkaufte die Teile anschließend einzeln übers Internet für je einen Dollar.
Also mal wieder high art for the masses im gegenständlichsten Sinne.
Angeblich ist er über neuntausend Stück losgeworden.
Derzeit sieht man ihn auf Plakaten für den „No Music Day“, einer von Drummond inszenierten Art Weltspartag für Musik.
Am 21. November sollen wir alle einen Tag lang keine Musik hören, und stattdessen über Musik nachdenken. „No Music Day exists for various reasons. You may have one.“
Ein Mann, der im Grunde nichts kann, Kunst sein Leben lang immer nur durch den Kakao gezogen hat, und trotzdem ein großer Künstler geworden ist. Offenbar ein Genie.
Oder nur ein Glückspilz?
Jedenfalls ein Schlitzohr!
Key Tracks:
Justified And Ancient
Last Train To Transcentral
What Time Is LOVE?
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