Blur waren die zweitgrößte britische Band der 90er, das smarte Londoner art-school-Gegenstück zu den lärmenden Brüdern aus Manchester; also wie letztere eine Band, die wir alle lieben.
Und nach nur 12 Jahren Pause haben sie sich mal wieder aufgerafft, ein Studio-Album zu veröffentlichen: The Magic Whip.
Es enthält genau einen (in Worten: einen) tollen Song, nämlich den Opener Lonesome Street. Und das ist dann doch ein bißchen dünn für eine Band, von der man eben „a little more than the butterbread“ (wie der Engländer sagt) erwartet.
Vieles klingt so ähnlich wie das schwache Damon Albarn-Soloalbum vom letzten Jahr, also irgendwie überambitioniert. Offenbar hat die jahrelange Lobhudelei der Kritiker, die Damon immer wieder attestierten, wie ungemein innovativ und state-of-the-art all sein Schaffen sei (siehe Gorrilaz, The Good The Bad And The Queen, die Affenoper usw.), eine Art Erfüllungsdruck ausgelöst, die mich an Bowies gescheiterte Drum’n’Bass-Versuche aus den späten 90ern denken lässt – auch so ein Künstler, dem das stets vorbildliche Zeitgemäßsein irgendwann zum Fluch wurde.
Einige andere Songs sind aber auch schlicht fußlahm und inspirationslos, was uns an eine andere traurige Wahrheit erinnert:
so sehr sie Oasis in puncto Witz, Coolness und textlicher Brillianz stets voraus waren – einen vergleichbar genialen Songwriter hatten Blur noch nie.
Hören wir also hier das erwähnte Lonesome Street.
Und laben uns hier noch mal an einer ihrer Sternstunden von seinerzeit.

Ein gutes neues Album aus deutschen Landen, das unlängst erschien, ist die best-of-compilation der Band Schrottgrenze aus Peine. Ähnlich wie bei den sehr vergleichbaren Boxhamsters aus dem hessischen Gießen waren es nicht zuletzt die provinzielle Herkunft und die Wurzeln im Punk-Milieu, die der Band von Anfang an die Aufmerksamkeit eines etwas zahlreicheren Publikums erschwerten. Bei Schrottgrenze störte zudem der wenig wohlklingende und falsche Fährten legende Bandname. Nichsdestotrotz haben sie knappe 15 Jahre lang durchgehalten und die nun erschienene Werkschau namens Fotolabor kann sich durchaus hören lassen.
Lediglich die Trackauswahl lässt mich stellenweise ratlos zurück. Es fehlen die drei m.E. besten Songs vom schönen 2006er-Album Chateau Schrottgrenze und auch das herrlich zitroneske Künstler muss schön sein vom 2007er-Album Schrottism habe ich schmerzlich vermisst.
Hören Sie bitte hier, hier und hier.

Über Tocotronics letztes Album Wie Wir Leben Wollen schrub ich in 2013 wie folgt:

Tocotronic waren einst in nahezu allen Belangen die wichtigste und aufregendste deutsche Band. Auf ihrem seit einigen Jahren andauernden schleichenden Rückzug aus dem Zentrum der Aufmerksamkeit haben sie nun Nägel mit Köpfen gemacht und ihren endgültigen Abschied von der musikalischen Relevanz bekanntgegeben.
Dass sie dazu statt einer einfachen Pressemeldung gleich ein ganzes Album namens Wie Wir Leben Wollen veröffentlichten, sei ihrer immer noch irgendwie liebenswerten Eigenartigkeit gestattet.“

So weit, so noch halbwegs schelmisch.
Nun gibt es wieder was neues, das Rote Album.
Und dazu sage ich nurmehr: besser nichts.
Denn es ist furchtbar.
Nicht mittel oder eigen oder gewöhnungsbedürftig – nein, furchtbar.
Sie waren mal die beste deutsche Band.
Sie sollten aufhören.

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