The Future Is Medieval heißt das neue Album von den Kaiser Chiefs. Und als Britpop-zentrierter Blog muss man dazu was schreiben. Auch wenn es schwerfällt.
Die Kaiser Chiefs sind zweifelsohne eine der wichtigsten Bands des vergangenen Jahrzehnts – ihr sensationelles Debüt Employment war ein unvergänglicher Popmoment, der noch heute (und sicher auch noch in zwanzig Jahren) die Menschen von den Sitzen reißt.
So etwas kann man natürlich nicht toppen, aber angenehmerweise haben sich die Jungs davon auch nicht aus der Ruhe bringen lassen und mit den Folgealben zwei unbeschwerte und wenig prätentiöse Nachkommen gezeugt. (Wenngleich hier im Blog der Sound der dritten Scheibe bekrittelt wurde, aber das konnte man seinerzeit dem Produzenten anlasten…)

Kein Wunder also, dass Ihr Blogadministrator das vierte Opus der Herren aus Leeds hungrig und sehnsüchtig erwartete. Nun ist es soweit und ich bin ein wenig konsterniert.
Denn auch nach mehrmaligem Hören muss ich leider sagen: Das ist nix!
Offenbar wollte man sich irgendwie „weiterentwickeln“ ohne aber genau zu wissen wohin. So ein bißchen 80s vielleicht, ein bißchen düsterer vielleicht auch – nicht zuletzt um der Indiewelt klarzumachen, dass man nicht auf ewig mit dem allzu radiofreundlichen Ruby identifiziert werden möchte. Aber warum eigentlich nicht? Melodien für Millionen sind immer noch weitaus ergiebiger als keine Melodien. Und letztere sucht man auf dem neuen Album oft minutenlang vergeblich.
Irgendwie haben die Jungs auf halbem Weg in die neue Richtung den Plot verloren.
Der Opener Little Shocks geht noch durch, aber schon die zweite Nummer Things Change gemahnt stellenweise an einen Albumfüller von Heaven 17 circa Crushed By The Wheels Of Industry. Songs wie Dead Or In Serious Trouble dengeln hookfrei vor sich hin, Out Of Focus setzt den Songtitel eins zu eins musikalisch um und als absoluter Tiefpunkt klingt Heard It Break wie eine B-Seite der Thompson Twins und ist schlicht unhörbar. A propos unhörbar: ich weiß nicht, wer die abschließende Ballade If You Will Have Me singt, aber der Aushilfs-Gitarrenroadie hätte es kaum schlechter intonieren können.

kaiser chiefs
Ricky Wilsons Briefkasten: Beschwerdebriefe satt!

Ironischerweise funktioniert die Platte noch am ehesten dann, wenn die Kaiser Chiefs sich selbst kopieren, etwa in Long Way From Celebrating oder dem sinistren aber schönen Child Of The Jago, ohne jedoch nachhaltig zu beeindrucken.

Tatsächlich finden sich nur zwei Beinahe-Perlen auf dem Album, nämlich das latent psychedelische Starts With Nothing und das beatleeske When All Is Quiet.
Und das ist für eine Band mit einem derart großen Potenzial natürlich viel zu wenig.
Alles in allem: schal, trübe, teige und amorph. Kein Kaiserwetter.
Die erste große musikalische Enttäuschung des Jahres 2011.
Und, mind you, dies alles schreibt ein ausgewiesener Fan.

Hier die Links:
Starts With Nothing
When All Is Quiet
und meinetwegen auch noch jenes:
Coming Up For Air

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