Heute möchte ich Ihnen vom traurigen Verfall dreier ehemaliger Lieblingsacts von mir berichten. Also, ich möchte natürlich nicht, aber ich fürchte, dass es aufgrund älterer Beiträge hier im Blog, nicht zuletzt meiner Hitliste der Nuller Jahre, geboten erscheint.
Es handelt sich um die Kaiser Chiefs, Two Door Cinema Club und Heinz Rudolf Kunze.
Der Niedergang der Kaiser Chiefs, für eine Zeit mal die beste britische Popband, ist natürlich hochgradig beklagenswert wenn auch nicht mehr wirklich überraschend. Spätestens als Ricky Wilson im Panel von „The Voice“ saß, musste jedermann klar sein, dass die Band für die Welt der Musikliebhaber auf alle Zeiten verloren ist. Aber gravierender war der Ausstieg von Nick Hodgson Ende 2012, denn offenbar verfügt niemand sonst in der Band über auch nur annähernd vergleichbares Songwritingtalent. Schließlich ist das Hauptärgernis an Education, Education, Education & War und insbesondere dem gestern erschienenen neuesten Album Stay Together ja gar nicht, dass sie jetzt diesen überladenen Formatradiosound haben, dass der Musik jegliche Ecken und Kanten genommen wurden, jeglicher Biss, jeglicher Drive, sondern dass nicht ein einziger Track in irgendeiner Art und Weise im Gedächtnis bleibt. Hook- und inspirationslos schleppt sich das Album von Song zu Song, und bezeichnenderweise scheint die Band dabei genauso wenig Spaß zu haben wie der Hörer. Die Frage drängt sich geradezu auf: Was soll das?
Sehr ähnliches schrieb ich 2012 auch über das Album Beacon von Two Door Cinema Club. Bei denen ging es also schon mit dem zweiten Album bergab. Seitdem ist eine Menge Zeit vergangen. Aber es drängt sich nicht der Verdacht auf, als hätte die Band diese kreative Pause für einen musikalischen Neuanfang oder gar eine Rückbesinnung genutzt. Zwar erscheint das komplette neue Album Gameshow erst nächste Woche, aber die bereits verfügbaren Tracks machen leider nicht gerade Mut. Ich würde mich ja meinetwegen schon mit einem einzigen herausragenden Song begnügen, wie 2013 als sie plötzlich und unverhofft Changing Of The Seasons raushauten. Doch nichts dergleichen ist in Sicht.
Aber all das ist harmlos, verglichen mit dem Grauen, über das nun noch zu berichten wäre: Heinz Rudolf Kunze hat unter dem idiotischen Titel Meisterwerke:Verbeugungen eine Platte voller Coverversionen gemacht.
Und die ist so ungeheuer furchtbar, dass einem die Spucke wegbleibt.
Ich meine, Kunze war für mich und viele meiner Freunde bald dreißig Jahre lang der führende Rock- und Poponkel in Deutschland, eine Art intellektueller Wächter und Chronist, der nebenbei sein musikalisches Handwerk sowohl auf dem Instrument als auch stimmlich als auch als Songschreiber schlafwandlerisch sicher beherrschte; Kunze war schon Jahrzehnte vor der Hamburger Schule eine Form von Deutschrock, die man auch mit Abitur ertragen konnte, er sang von Bloch und Ruth Leuwerik, vom Leben und Lieben und der stets frappierenden Schwierigkeit von beidem. Und abgesehen von einem kurzen und verheerenden Ausflug in die Welt der Hitparaden Mitte der 80er war er eben auch einer der wenigen, der stets die Musik gemacht hat, die auch zu seinem jeweiligen Lebensalter passte. Z.B. Brille, Kunze macht Musik oder Halt! sind Alben, die in jeden gut sortierten Plattenschrank gehören. Nicht dass er uns alte Fans in den vergangenen zehn Jahren mit so manch überflüssiger Veröffentlichung und so manch überflüssigem Statement („mein guter Freund Christian Wulff“ etc.) nicht schon ordentlich auf die Palme gebracht hätte – aber was er sich heuer geleistet hat, macht einen wahrlich fassungslos.
Dass nichts besonders gutes dabei rumkommt, wenn man Roy Black oder Freddy Quinn covert, mag niemand wirklich überraschen. Dass Kunze nicht nur Schiffbruch erleidet sondern kollektive Fremdscham auslöst, wenn er sich an Klassikern wie DAFs Mussolini, Ideals Berlin oder gar Haus der Lüge von den Neubauten vergreift, ist ebenfalls nicht verblüffend.
Dass er es aber tatsächlich schafft, selbst Songs von Thees Ullmann, Puhdys, Karat, ja sogar von den Toten Hosen und der Münchener Freiheit (sic!) allesamt so zu covern, dass das Original um Längen besser ist, das ist nun wirklich eine geradezu dämonische Leistung!
Gerade weil es sich eben nicht um sein eigenes geistiges Eigentum handelt, ist das Album nicht nur schrecklich schlecht, nein, es ist eine Frechheit.
Nachwort:
Schon wieder nur gemeckert! Aber was soll ich tun?
Was sich hier seit einigen Jahren als immer gedämpftere Stimmung durch die Musikseiten dieses Blogs zieht – lassen Sie mich es mal einfach und plakativ so zusammenfassen:
Das aktuelle musikalische Pop-Jahrzehnt ist von allen bisherigen ganz eindeutig das Beschissenste!
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