„We’re trash, me and you.“,
schmachtete Brett Anderson von Suede dereinst, und richtiger hätte es damals wohl „Resterampe“ statt „Trash“ heißen müssen. Jedenfalls wenn man sich das optische Erscheinungsbild der Band vor Augen führt, die seit jeher eher zur personifizierten Poprealsatire taugten als zum wirklich ernst zu nehmenden Musizieren.
Unvergessen ein Backstagefoto in der FACE, auf dem Bassist Mat Osman betrunken, alt und offenbar nur noch eine Dialyse herbeisehnend in der Zimmerecke kauert – das ganze in lilafarbenen Seidenleggings zur grotesk deplatzierten und ordentlich verfetteten Hardrockmähne.
Was die FACE seinerzeit mit der schönen Bildunterschrift:
„Suede are looking a little past it.“
quittierte.
Nein, zum überzeugenden Trash-Sein gehört eine gewisse Portion jugendliche Unschuld. Und daher sollte man die diesbezüglichen Avancen einer rundum frischeren Kapelle namens The Whip mit weitaus größerer Sympathie goutieren.
Ich gestehe, dass ich die Band erst diese Woche entdeckt habe, und gefreut hab‘ ich mich wie ein Keks, dass es natürlich mal wieder die Stadt Manchester war, die uns jene Perle beschert hat.
The Whip klingen etwa so wie New Order in den Achtzigern immer klingen wollten, insgesamt deutlich knackiger, mit reichlich Elan und dabei ziemlich cool.
Die Band hat einige großartige Songs am Start. Am besten gefällt mir Sister Siam, und auch das Video dazu ist äußerst unterhaltsam.
Dass sie dabei entgegen ihren Vorbildern noch keine Jahrhundertnummer à la Blue Monday produziert haben, mag man ihnen bitte verzeihen. So etwas geschieht eben nicht alle Tage, und es gehört ja auch eine große Menge Glück dazu.
Und wo wir gerade bei trashigen Disco-Klängen sind, möchte ich Ihnen auch noch eine andere Band ans Herz legen, die zwar einige von Ihnen mit Sicherheit schon kennen, derer man sich aber ruhig des öfteren annehmen sollte.
Die Rede ist von The Egg. The Egg haben die vermutlich weltweit meistgespielte Discothekennummer nach der Jahrtausendwende gemacht, nämlich Walking Away. Ein Song, der jedenfalls etwa fünfhundertmal bekannter sein dürfte als die sich dahinter versteckende Kapelle mit dem österlichen Namen.
Interessant ist, dass die eigentliche Urversion des Songs nur schlappe zweieinhalb Minuten dauert. Die in den Tanzpalästen übliche Version dürfte der sogenannte „Tocadisco-Remix“ sein, in dem die Nummer auf knappe sieben Minuten gestreckt wurde. Es finden sich darüberhinaus aber auch noch spaßige Hybriden, etwa ein Zusammenrühren mit Nelly Furtados Maneater (verzichtbar) oder die uneheliche Vereinigung mit David Guetta (nicht verzichtbar).
Bei letzterer gefällt wieder insbesondere das dazugehörige Video.
Das ist herrlich gaga, und die Jugendlichen sind darin die ganze Zeit voll tolle Hechte, was u.a. deshalb so viel Spaß macht, weil es sich bei dieser Spezies ja in Wirklichkeit zumeist um dröge, picklige, bewegungsfeindliche Volleulen handelt, die den ganzen Tag Trübsal blasen, alles langweilig und peiiinlich finden, und im Umgang mit dem Leben an sich und dem anderen Geschlecht im besonderen etwa so souverän auftreten wie Japaner im Umgang mit Alkohol.
Und a propos uneheliche Vereinigung, noch eine kleine Pointe am Rande: Aufmerksam gemacht auf The Whip hat mich ein Bekannter aus dem „Kreis Ostpriegnitz-Ruppin“, und jetzt staunen Sie Bauklötze, nicht wahr? Von wegen wilder Osten! Heutzutage bekommt man von solchen Leuten die amtlichen Musiktipps aus dem Vereinigten Königreich dargereicht. Und dabei dachten Sie vermutlich in Brandenburg gäbe es, frei nach Rainald Grebe, nur noch eine Hand voll Skinheads, die in diesem entvölkerten Landstrich bei aller Mühe einfach niemand mehr zum Verprügeln finden…
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